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Bin ich mein Gehirn?Overlay E-Book Reader

Bin ich mein Gehirn?

Dem Bewusstsein auf der Spur | Tim Parks

E-Book (EPUB)
2021 Verlag Antje Kunstmann
304 Seiten; ab 99 Jahre
ISBN: 978-3-95614-445-5

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Kurztext / Annotation
Es vergeht kaum ein Tag ohne irgendeine Diskussion, ob Computer ein Bewusstsein haben können, ob unser Universum eine Art Simulation, ob der Geist ein einzigartiges Charakteristikum des Menschen ist. Die meisten Philosophen gehen davon aus, dass unsere Erfahrung in unserem Gehirn eingeschlossen ist und die äußere Realität unzuverlässig repräsentiert. Farbe, Geruch und Klang, heißt es, ereignen sich nur in unseren Köpfen. Wenn aber Neurowissenschaftler unsere Gehirne untersuchen, finden sie nur Milliarden von Neuronen, die elektrische Impulse austauschen und chemische Substanzen freisetzen. Als Tim Parks in einem zufälligen Gespräch mit Riccardo Manzottis radikal neuer Theorie des Bewusstseins konfrontiert wurde, fing er an, die eigene Erfahrung zu prüfen und mit den philosophischen und neurowissenschaftlichen Theorien zu konfrontieren. Bin ich mein Gehirn? erzählt die fesselnde, oft erstaunlich lustige Geschichte eines Paradigmenwechsels und stellt metaphysische Betrachtungen und komplizierte technische Laborexperimente so dar, dass wir verstehen, was in dieser Debatte auf dem Spiel steht, für uns als Individuen und für die Menschheit insgesamt.

Tim Parks, geb. in Manchester, wuchs in London auf und studierte in Cambridge und Harvard. Seit 1981 lebt er in Italien. Seine Romane, Sachbücher und Essays sind hochgelobt und mit vielen Preise ausgezeichnet. Er schreibt u.a. für den Guardian, The New Yorker, The New York Review of Books und übersetzt u.a. die Werke von Moravia, Calvino, Calasso, Tabucchi und Machiavelli. Zu seinen erfolgreichsten Büchern zählt u.a. Die Kunst stillzusitzen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

FARBEN

Lassen Sie uns ein paar Erlebnisse auf dem Weg zum Frühstück überspringen. Ich bin in Heidelberg, um verschiedene Professoren zu treffen und mich mit ihnen darüber zu unterhalten, was Bewusstsein ist. Ich bin in Heidelberg, um ein paar schöne Tage mit meiner Partnerin zu verbringen. Beim Betreten des Frühstücksraums unseres Hotels fällt es schwer, eventuelle taxierende Blicke nicht wahrzunehmen. Meine Partnerin ist halb so alt wie ich. Knapp halb so alt, um ehrlich zu sein; der Kipppunkt wird in etwa einem Jahr kommen, wenn sie einunddreißig wird. Rechnen Sie selbst. Mit derart asymmetrischen Beziehungen stimmt angeblich etwas nicht. Diverse Instanzen, sowohl religiöse als auch weltliche, behaupten, es sei weitaus gesünder, wenn Paare mehr oder weniger gleichaltrig sind. Diese Sichtweise entspricht nicht unserer Erfahrung, ich meine meiner und der meiner Partnerin; für uns ist unsere Beziehung absolut in Ordnung. Wir finden es geradezu erschreckend, wie massiv sich diese mutmaßlich kompetenten Instanzen in dieser Hinsicht irren können. Da fragt man sich, in wie vielen anderen Dingen sie sich noch irren? Mein Freund Riccardo Manzotti zum Beispiel hat vor Kurzem gezeigt, dass das aktuelle Modell, das verwendet wird, um zu erklären, was passiert, wenn wir Farbnachbilder sehen, gänzlich falsch ist. Aber das ist ein anderes Thema. Jetzt, während wir uns hier im Frühstücksraum an einen Tisch setzen, sind wir uns der Blicke von zwei, drei Personen bewusst, die abschätzen, ob wir wohl Vater und Tochter sind, oder eher ein älterer Mann und seine Geliebte, die einen kleinen Seitensprung genießen. Aber wie könnten wir Vater und Tochter sein, so unterschiedlich, wie wir aussehen? Die Leute spüren so etwas sofort; riesige Mengen von Lebenserfahrung kommen hier zum Tragen, ganz ohne Nachdenken, ich meine, ohne bewusste Reflexion. Der scharfe Beobachter weiß ganz einfach Bescheid. Das Zimmermädchen beispielsweise, ein stattliches junges Mädchen unter zwanzig mit einer gestärkten weißen Schürze und einer kleinen schwarzen Haube auf dem Kopf, setzt sofort einen verschwörerischen Gesichtsausdruck auf; sie wird unserem vermeintlichen Fehltritt wohlwollend gegenüberstehen.

Das ist natürlich ein Thema, über das sich leicht schreiben ließe: wie sich die Lebenswege zweier Menschen plötzlich auf ganz unerwartete, geradezu abwegige Weise ineinander verwickeln, und wie die Leute darauf reagieren. Das ist der Stoff, aus dem Bücher gemacht werden. Meistens. Ich meine Romane. Weil wir dazu neigen, auf diese Weise über unser Leben nachzudenken, die Dinge rückwärts und vorwärts projizieren, um daraus Geschichten zu machen. Und auch weil Wörter und Sätze, die zeitlich linear verlaufen und unterwegs Energie einsammeln, genau darin gut sind, gut im Erzählen von Geschichten, die sich ebenfalls durch die Zeit bewegen: Menschen begegnen sich, verlieben und entlieben sich, finden und verlieren Jobs, streben nach etwas und haben Erfolg, streben nach etwas und scheitern. Letztendlich scheinen weite Teile unseres Lebens aus Wörtern zu bestehen, die dem heiklen, kaum beschreibbaren Zustand unseres tatsächlichen, alltäglichen Daseins, den einzelnen Momenten unseres Aufder-Welt-Seins, eine Gestalt und Dynamik aufzwingen: dem Aufwachen und Erblicken des Schranks und der Tapete, dem wiederholten Eintauchen in die Welt der Träume, während die zehnminütige Schlummerphase des Weckers zuerst brutal kurz und dann beunruhigend lang erscheint. Geschichten sind uns vertrauter als das Leben selbst. Es fällt uns leichter, darin zu sein. Vermutlich mögen wir deshalb so gern Romane. Auch Biografien, historische Erzählungen und Memoiren. Ich jedenfalls mag sie sehr. In ihnen entfaltet sich mensch liches Erleben auf eine sinnvolle Art und Weise, indem die vielen redundanten Erfahrungen zwischen Aufwachen und Frühstück einfach ausgeblendet werden: der obligatorische Gang zur Toilette, das ner