Buchhandlung Spazierer

Suche

Horak am Ende der WeltOverlay E-Book Reader

Horak am Ende der Welt

Jan Kossdorff

E-Book (EPUB)
2022 Milena Verlag
242 Seiten
ISBN: 978-3-903184-90-9

Rezension verfassen

€ 17,99

in den Warenkorb
  • EPUB sofort downloaden
    Downloads sind nur in Österreich möglich!
  • Als Hardcover erhältlich
Kurztext / Annotation
Es ist der Sommer 2018. Jakob Horak, Mittvierziger, Romanautor, ist mit seiner Freundin auf Lesetour durchs österreichische Hinterland. Letzter Stopp: Heidenholz, Waldviertel. Hier hat er die Sommer seiner Jugend verbracht. Als er schlechte Nachrichten von seinem Verlag erhält, hat die Landidylle aber schnell ein Ende. Horak begibt sich mit seinem Jugendfahrrad auf Wanderschaft - und überraschende Begegnungen leiten einen neuen Lebensabschnitt ein. Es ist der Sommer 2018. Jakob Horak, Mittvierziger, Romanautor, ist mit seiner Freundin auf Lesetour durchs österreichische Hinterland. Letzter Stopp: Heidenholz, Waldviertel. Hier hat er die Sommer seiner Jugend verbracht. Er stößt auf verschüttete Erinnerungen, Kumpel von früher, das alte Haus seiner Großeltern. Eine schmerzliche Absage seines Verlags führt zum Streit mit Freundin Maja, und Horak steigt auf sein Jugendfahrrad. Seine ziellose Fahrt führt ihn hinein ins Grenzland zwischen Österreich und Tschechien: Horak hilft dem schrulligen Psychotherapeuten Svoboda bei der Räumung des Hauses seiner verstorbenen Mutter und wird mit Bierjause und Gratistherapie entlohnt. Er hat eine Begegnung mit dem Geist der vergangenen Sommer, trifft im Hanfdorf auf seine erste Liebe Marianne und landet bei einer Großcousine und den Bewahrern des Traumes von einem geeinten Europa. Horak lernt Geschichte und auch etwas fürs Leben: Ehrlich zu sich selbst zu sein ist vielleicht unbequemer, als sich alles nach Lust und Laune zurechtzuerfinden, aber es eröffnet auch unerwartete Möglichkeiten. 'Wissen Sie, die Leute in Tschechien haben gesagt, wenn die Grenze offen ist, reise ich überall hin und esse Ananas. Sie sind nirgendwo hingefahren. Und keiner hat Ananas gegessen.'

Geb. 1974 in Wien. Autor, Redakteur und Werbetexter. Bei Milena erschien der Debütroman Sunnyboys, danach Spam! und Kauft Leute. Letzte Buchveröffentlichung: Leben spielen bei Deuticke. und Krieg die Sterne für die Bühne. Kossdorff hat Familie und Büro in Wien und einen Campingbus für Ausflüge ins Waldviertel. Website: www.jankossdorff.net Werkliste: Horak am Ende der Welt (2021) SUNNYBOYS (2017) Kauft Leute (2016) Spam! Ein Mailodram (2010)

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

WIR WAREN ERST vor zwanzig Minuten in den Zug gestiegen, der uns durch den Wald, an der tschechischen Grenze entlang, nach Heidenholz bringen sollte, trotzdem schlief Maja bereits wieder an meiner Brust. Ihr Schreibbuch, in das sie ihre ungestüme Reiselyrik notierte, war ihr aus den Händen und zwischen meine Schuhe gerutscht, einige Strähnen ihrer unzähmbaren Haare juckten mich unter der Nase, aber ich wollte sie schlafen lassen, nicht bloß ihretwegen.

Reisen mit Maja war schön, aber strapaziös. Sie begnügte sich nicht damit, visuelle Eindrücke zu sammeln, sie wollte, was sie sah, auch spüren, anfassen, kosten. Fremde mussten angesprochen, Läden betreten, Schnäpse getrunken, regionale Eigenarten erforscht werden. Das Verhalten forderte seinen Tribut in Form von plötzlich auftretenden, intensiven Schlafattacken - die ich nutzte, um selbst wieder etwas zu Kräften zu kommen.

Maja und ich waren seit zehn Tagen gemeinsam auf Lesereise. Ich las aus meinem letzten Roman, sie begleitete mich. Unsere Tour führte uns in die Buchhandlungen, Mehrzwecksäle und Gemeindehäuser verschlafener Kleinstädte in Österreich und Bayern. Dem Verlag war es gelungen, sechs Lesungen zu organisieren, obwohl das Buch bereits im Herbst erschienen war.

Wir fuhren mit dem Zug, hielten, wo wir Lust hatten. Wir saßen mit Sonnenbrillen zeitunglesend auf Dorfplätzen, tranken ab dem Mittag Wein und schrieben Postkarten mit Heimatmotiven an Freunde in Wien. Abends gaben wir uns ganz dem skurrilen Pathos einer Provinzlesung hin, dem Begrüßen von Bürgermeistergattinnen und Gemeinderäten, der Annahme von Geschenken, dem gestelzten Small Talk und schließlich der Komik, wenn sich nach dem zeremoniellen Teil alles in Beschwipstheit und Jovialität auflöste.

Heute sollte in Heidenholz, einer Dreitausendseelengemeinde im nördlichen Waldviertel, die letzte Lesung unserer kleinen Tour stattfinden. Die Stadt hatte eine besondere Bedeutung für mich, und wir hatten vor, an unseren Aufenthalt ein paar Urlaubstage anzuhängen. Eine unserer selbst gesetzten Beziehungsfristen war gekommen, und in Heidenholz wollten wir entscheiden, ob wir unserer kleinen, unsentimentalen Liebe noch eine Verlängerung gewährten.

Das ältere Paar, das uns gegenübersaß, betrachtete mich argwöhnisch: Die schlafende Maja war in ihren Augen wohl etwas zu jung dafür, meine Frau zu sein; Majas Hand ruhte etwas zu vertraut zwischen meinen Beinen, als dass sie meine Tochter sein durfte. Ich sagte augenzwinkernd zu dem Mann: »Schläft Ihre auch immer ein?«, worauf beide eine plötzliche Unruhe überfiel und sie kurz darauf ausstiegen.

Ein paar Minuten bevor wir am Ziel waren, erwachte Maja. Sie räusperte sich lautstark und unmädchenhaft, wie sie es immer tat, dann blickte sie aus dem Fenster in den undurchdringlichen Wald hinein und meinte: »Ojemine.« Sie begann sich ihre Haare zu richten, ohne dass ihre blonde Mähne dadurch merklich an Form oder Ordnung gewann.

»Und du bist also in diesem Heidenfels aufgewachsen?«, fragte sie.

»Heidenholz.«

»Genau.«

»Ich bin nicht dort aufgewachsen, aber ich habe viele Sommer meiner Kindheit dort verbracht.«

»Bei deinen Großeltern?«

»So ist es.«

»Und das ist reale Biografie, oder mehr so etwas wie der selbst geschriebene Wikipedia-Eintrag, etwas für die Atmosphäre im Lebenslauf.«

»Es ist reale Biografie, es gibt Zeugen für meine Anwesenheit.«

»Aha. Wann ist die Lesung?«

Ich suchte in meiner Reisetasche nach der ausgedruckten E-Mail, auf der die Informationen zum heutigen Abend standen.

»Um sieben.«

»Was wirst du lesen?«

»Die Szene in der Klosterb